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Über den schwindenden Respekt vor geschriebenen Worten.

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In der digitalen Welt von heute sind wir ständig von Texten umgeben. Von kurzen Nachrichten auf Social Media bis zu längeren E-Mails im Arbeitsalltag – es scheint, als wäre das geschriebene Wort omnipräsent. Aber wer hätte gedacht, dass gerade das Verständnis für diese Texte immer mehr verloren geht? Als Fotograf, der regelmässig Modelle sucht, erlebe ich genau dieses Phänomen: Inserate werden nicht mehr gelesen, oder richtig verstanden.

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Die Schnelllebigkeit der digitalen Kommunikation:
Ein grosser Teil des Problems liegt zweifellos in der Art und Weise, wie wir heute kommunizieren. Nachrichten werden in Sekundenschnelle verschickt und ebenso schnell beantwortet. Es zählt die Geschwindigkeit, nicht die Genauigkeit. Wer hat schon Zeit, ein Inserat vollständig zu lesen, wenn man in derselben Minute noch eine Nachricht auf WhatsApp beantworten, einen Instagram-Post liken und eine TikTok-Challenge starten möchte? Die „Next“-Mentalität fördert Oberflächlichkeit: Ein kurzer Blick genügt, um sich „ausreichend informiert“ zu fühlen – selbst wenn das Gegenteil der Fall ist.

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Die Auswirkungen auf die Zusammenarbeit:
Missverständnisse, die durch mangelnde Sorgfalt entstehen, führen oft zu unnötigen Konflikten. Die Modelle sind dann enttäuscht, weil die Erwartungen nicht erfüllt wurden oder können selber die Erwartungen nicht erfüllen – dies fast immer, weil sie den Text nicht richtig gelesen haben. Für Fotografen bedeutet das nicht nur zusätzlichen Aufwand, sondern auch verlorene Zeit,  Energie und Kosten.

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Ein Appell für mehr Aufmerksamkeit:
Es geht hier nicht nur um Fotografie oder Inserate. Die Problematik ist symptomatisch für eine breitere gesellschaftliche Entwicklung. Wir müssen wieder lernen, aufmerksam zu lesen, zu verstehen und Fragen zu stellen, bevor wir handeln. Respekt gegenüber dem geschriebenen Wort bedeutet auch Respekt gegenüber der Person, die sich die Mühe gemacht hat, ihre Anforderungen klar zu formulieren.

Vielleicht sollten wir uns alle wieder öfter Zeit nehmen, um in Ruhe zu lesen – und zwar wirklich zu lesen, nicht nur zu überfliegen. Das gilt für Inserate ebenso wie für Bücher, Zeitungsartikel oder E-Mails. Denn nur wer versteht, kann auch richtig handeln. Und wer sich die Mühe macht, wirklich zuzuhören (oder in diesem Fall: zu lesen), zeigt nicht nur Professionalität, sondern auch Wertschätzung.

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Für uns Fotografen und alle anderen, die Inserate schreiben, bleibt die Frage, wie wir auf dieses Problem reagieren können. Müssen wir noch einfacher, noch kürzer, noch auffälliger schreiben? Oder sollten wir darauf bestehen, dass auch unser Gegenüber Verantwortung übernimmt? Vielleicht liegt die Lösung in einer Mischung aus beidem: klare, prägnante Texte und die Bereitschaft, Missverständnisse freundlich, aber bestimmt aufzuklären.

Letztendlich sollte es unser gemeinsames Ziel sein, dass die Kommunikation wieder effektiver und respektvoller wird. Denn ob hinter der Kamera oder davor – ohne echtes Verständnis bleibt jede Zusammenarbeit oberflächlich und missverständlich. Und das kann niemand wollen.

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