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Paul Desmond - Trockener Martini
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Paul Desmonds Saxophonspiel ist eines der markantesten und zugleich raffiniertesten im Jazz des 20. Jahrhunderts. Seine sanfte, leicht melancholische Klangfarbe und sein einzigartiger, trockener Ton brachten ihm den oft zitierten Vergleich mit einem "trockenen Martini" ein – eine Beschreibung, die er selbst einmal scherzhaft geprägt hat. Diese klangliche Identität, kombiniert mit seinem Sinn für harmonische Tiefe und rhythmische Präzision, machte Desmond zu einem prägenden Künstler des Cool Jazz und verlieh ihm einen unverwechselbaren Stil, der bis heute beeindruckt.
 

Desmond war in der Jazzwelt vor allem als langjähriger Saxophonist im Dave Brubeck Quartett bekannt, mit dem er durch den ikonischen Song "Take Five" internationale Berühmtheit erlangte. Dieses Stück, das im untypischen 5/4-Takt geschrieben ist, bot ihm die ideale Plattform, um seine herausragenden Fähigkeiten in rhythmischer Flexibilität und melodischer Improvisation zu demonstrieren. Desmonds Spiel wirkt nie gehetzt; er zeigt eine klare, kontrollierte Linie und schafft es, jede Phrase so subtil zu phrasieren, dass jede Note von einer inneren Spannung und Eleganz durchzogen ist. Seine Improvisationen sind durchzogen von einer poetischen Zurückhaltung – er spielte oft um die Hauptnoten herum, anstatt sie direkt anzugehen, was den Hörer in eine Art Schwebezustand versetzte.
 

Ein weiteres Markenzeichen von Desmond war sein weiches, federleichtes Spiel auf dem Altsaxophon. Anders als viele seiner Zeitgenossen wie Charlie Parker, die sich durch einen perkussiven, rasanten Stil auszeichneten, suchte Desmond nach einem anderen Weg. Sein Ton ist von einer fast ätherischen Klarheit und Leichtigkeit geprägt, die in der Jazzwelt selten ist. Desmond spielte auf eine Art und Weise, die scheinbar ohne jede Anstrengung auskam und doch die Komplexität der Harmonik und Struktur seiner Stücke vollkommen ausschöpfte. Viele Kritiker lobten, dass Desmonds Sound die Essenz des "Cool Jazz" verkörpere: Eine Musikrichtung, die mit Understatement und subtiler Spannung operierte, anstatt durch Lautstärke oder Virtuosität zu beeindrucken.

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Technisch gesehen war Desmond für sein einzigartiges Legato-Spiel bekannt, das selbst in rasanten Passagen nie harsch oder abgehackt klang. Seine Phrasierung verriet ein tiefes Verständnis für harmonische Strukturen und liess ihm Raum für spontane Wendungen, die immer elegant und zugleich entspannt wirkten. Er konnte aus wenigen Noten oder einem einfachen Motiv eine ganze Geschichte entstehen lassen, indem er seine melodischen Ideen oft wiederholte und minimal variierte – ein Ansatz, der ihn von vielen Kollegen unterschied und ihn in die Nähe der klassischen Komponisten brachte. Dabei war Desmonds Spiel stets frei von übertriebener Effekthascherei; seine Klarheit und Ökonomie spiegelten ein fast schon asketisches Ideal wieder, das ihn als Musiker prägte.

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